Tom Kreta

TOM KRETA

Alles klar – hier ist dein Text in einer literarisch-poetisch verdichteten Fassung. Ich habe Bildsprache, Rhythmus und Metaphern verstärkt, ohne den Kern zu verändern:

Ich bin Tom Kreta. Schreiberling aus der Welt.

Berlin ist mein Hafen, New York mein Sturm. Dort werde ich ein anderer, ein Wächter der Diplomaten, die hinausziehen, um deutsche Tugenden wie Banner in die Welt zu tragen. Ob die Welt sie erwartet oder nicht – sie ragen empor wie ein Leuchtturm im Nebel. Ein deutsches Feuer, flackernd in der Ferne. Ich sammle Meilen. Ein Sammler ohne Stiefel. Schritt für Schritt, Wort für Wort. In den Zwischenzeiten fülle ich mein Dasein mit Sprache, mit dem, was zählt. Die Zeit zerrt an mir, dehnt und staucht mich. Einstein hat recht: Sie ist relativ, ein Ozean, der uns verschluckt und wieder freigibt.Ich bin er. Er ist ich. Wir sind ein geteiltes Ich. Einer, der mahnt, schreibt, mit erhobenem Finger auf das Unsichtbare zeigt, auf das, was uns verbindet. Er trägt meinen Namen und doch bin ich sein Schatten.

Vor mir sitzt ein Paar. Deutsche im fremden Land. Ich ihr Berater, sie meine Suchenden. Alle vier Jahre wechselt der Posten, alle vier Jahre dieselbe Frage: Wie weiter? Ein Zyklus wie die Jahreszeiten. Doch auch eine Frage des Herzens, eine Frage der Nähe. Wo drückt der Schuh?

Kasus und Emilia. Mitte vierzig, schön in Haltung und Gewand. Mann blickt Frau an, Frau blickt Mann an. „Du zuerst.“ – „Gut.“

Kasus holt Luft. „Wir können nicht mehr sprechen, ohne im Streit zu enden.“ Streit, Macht, Verstrickung. Er senkt den Kopf, Augen zum Boden, als würde die Scham dort liegen. Wenn Menschen sich schämen, suchen sie den Blick des Bodens, meiden die Augen der anderen.

„Worüber streiten Sie?“ frage ich.

„Über das Kleinste“, sagt er. „Die Kühlschranktür bleibt offen. Ein Signalton ertönt. Emilia schreit. Ich schreie zurück. Worte werden zu Messern. Dann verlässt einer die Küche, enttäuscht, verletzt. Emilia schlägt die Tür, ihre rotbraunen Schuhe wie ein Trommelschlag, und verschwindet für Stunden.“

„Wo ist sie in dieser Zeit?“

Kasus zuckt mit den Schultern. Seine Bewegung zieht die Ohren hinauf, als wollte er nichts mehr hören, nichts mehr wissen.

Die Zwischenzeit. Ich kenne sie gut. Sie ist mein Gefängnis, mein Transit. Ein Raum ohne Ort. Ein Warten zwischen den Orten, zwischen den Zeiten.

EMILIA SPRICHT

Emilia schweigt.

Traurigkeit legt sich wie ein Schatten über ihr Gesicht. Als sie schließlich spricht, klingt ihre Stimme fremd, fast kindlich. Ich frage mich, wo die erwachsene Emilia geblieben ist – und ob sie zurückkehrt. Dann hebt sie den Blick. Ihre Augen finden meine, direkt, ohne Ausweichen. „Unsere Probleme sind alt,“ flüstert sie. „Wir sind seit acht Jahren verheiratet, seit zehn Jahren ein Paar. Kasus versprach mir vor unserer Trauung, sich Hilfe zu suchen, einen Therapeuten – nach der Hochzeit. Doch bis heute ist nichts geschehen. Er hat unser Versprechen gebrochen. Das verletzt mich. Ich bin enttäuscht von dir, Kasus.“

Ihr Blick wendet sich ihm zu, kämpferisch, fest. Ihre Fäuste ballen sich, als halte sie an diesem Moment das ganze Gewicht ihrer Geschichte.

„In der zwölften Woche meiner Schwangerschaft,“ fährt sie fort, „ging es mir schlecht. Dunkelheit legte sich über mich, eine Depression, die bis kurz vor der Geburt unserer Tochter anhielt. Kasus hat mich in dieser Zeit allein gelassen. Er ging fremd. Er ertrug meine Trauer nicht.

SPRECHEN OHNE WORTE, WORTLOS

Lose Worte. Nie angebunden. Ich kann und darf nicht sprechen. So würge ich die Worte an die Oberfläche. Mein Hindernis. Mein Leid. Liegt im Verborgenen. Im Vergangenen. In der Mutter. Die Mutter, die weite Arme brauchte, doch nie hatte. Junge, sprich nicht mit mir. Ich spreche mit dir. Meine losen Worte an dich gerichtet. Sie erwürgen Männlichkeit. Kasus spricht nicht mit mir. Er spricht mit seiner Mutter. Er möchte wieder Kind sein. In die Welt neu geboren werden. Durch mich. Ich kann ihn nicht mehr gebären. Mein Schoß ist leer. Worüber möchte Emilia nicht sprechen? Welches Geheimnis versteckt sie? 

SHULD

Ich sitze schweigend in meinem Sessel und frage mich, warum die Mütter, die Schuld der Welt in ihrem Schoß tragen. Schwergewichtig. Die Väter sind entbunden. Abgenabelt von der Welt. Ergründen diese auf ihre Weise. Unabhängig von den Müttern. Überlassen den Müttern die Uhrschuld. Sie haben ja schließlich vom verbotenen Baum gegessen. Oder gerade deswegen. Der Mann war zu feige, dazu. Die Frau stürzte das Wort Gottes. Das Gerücht der Rippe. Es wirkt. Die Moral von der Geschichte ist ein Rippenbruch des Mannes. Und das im Paradies. Da, wo es kein Leid geben sollte, wird Adam eine Rippe entrissen. Der Schmerz ist heute noch spürbar. Der Schmerz des Mannes, den die Frau bedingungslos heilen muss. Frauen beugt euch der Uhrschuld und seid die Heilerinnen der Männer. 

Kasus schwieg. Er strich mit seiner Hand über seinen Oberschenkel, gerade so als wollte er sich selbst streicheln oder beruhigen. Ich, sprach er, ich war nicht ich selbst. Emilas Depressionen, ihre Trauer, meine Hilflosigkeit. Ich suchte einen Ausweg aus dem Labyrinth.